Angespielt – Abyss

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Bild von der Verlagsseite

In diesem wundervoll düster gestalteten Brettspiel eurogamen wir um die versunkene Stadt Atlantis. Dazu versammeln wir ein Gefolge aus Meeresgetier, mit dessen Hilfe wir dann adliges Meeresgetier um uns scharen, und die bringen dann letztendlich die Schlüssel zur versunkenen Stadt.


Wie funktioniert das?

Wir spielen reihum und haben stets eine von drei Aktionen zur Verfügung.

Erkunden: Mit einer Mischung aus Draft, Push your Luck und Auktion kommen wir an die kleinformatigen Unterwasserviecherkarten. Der Spieler, der diese Aktion wählt, deckt auf, so lange er möchte. Das kostet nichts, aber er darf immer nur das zuletzt aufgedeckte Vieh behalten. Und die anderen Spieler können diese Karten wegschnappen, indem sie dem Spieler Perlen bezahlen. So werden die attraktivsten Karten meist weggefressen, dafür wird man etwas reicher, und kann dann später selbst anderen Spielern Karten mopsen. Um das noch spannender zu gestalten, verstecken sich bösartige Monster unter den Karten. Die bewegen eine Art Bedrohungsleiste, wann immer sie aufgedeckt werden: Man kann sie ignorieren und weiter Getier aufdecken, oder für immer schönere Belohnungen bekämpfen, aber dann kriegt man eben kein Getier.

Rat: Alle Karten, die beim Erkunden übrig bleiben, landen nach den fünf Farben sortiert im Rat von Atlantis. Statt willkürliche Karten aufzudecken, kann man einen dieser fünf Stapel an sich nehmen. Das kann sich durchaus lohnen, auch wenn sich hier meist minderwertige Zahlenwerte aufhalten.

Einen Adligen anwerben: Die großformatigen Adligen bezahlen wir mit dem kleinformatigen Meeresgetier in verschiedenen Preisklassen und Farbbedingungen. Das bringt Siegpunkte und Spezialfähigkeiten, außerdem bringen die Adligen oft Schlüssel mit. Hat man davon drei angesammelt, so erhält man einen Ort, das sind diese unnötig sperrigen Kartonrechtecke, die bringen mit unterschiedlichen Bedingungen noch mehr Siegpunkte, dafür müssen wir die schlüsseligen Adligen dort reinpacken und verliert ihre Sonderregeln wieder. Beim Kauf wird außerdem das niedrigstwertige verwendete Getier aussortiert, so dass das Deck mit der Zeit besser wird. Außerdem erhalten wir zum Spielende Siegpunkte für das höchstwertige Getier jeder Farbe, dass wir auf diese Weise ansammeln konnten.

Hier hätte ich den Erklärer hauen können: Er hat das so verschwurbelt erklärt, dass bei allen ankam, dass man unter keinen Umständen mit niedrigen Tieren bezahlen sollte, weil die die Wertung verhageln, indem die stärkeren Tiere überschrieben werden. Was er sagen wollte, war als ergänzender Tipp gemeint: Man kommt nicht sooo häufig in den Genuß, Adlige zu kaufen, daher ist es sinnvoll, von Anfang an möglichst hochwertig zu bezahlen und Tiere aller fünf Farben zu sammeln, egal wie niedrig sie sind.

Das war’s schon ungefähr: Die Grundwährung Perlen zur eigentlichen Währung der Viecher machen, diese zu Adligen machen, mit Adligen an Orte kommen. Siegpunkte einfahren, olé olé.

Hat ein Spieler den siebten Adligen angeworben, läutet das die finale Runde ein, und dann werden die verschiedenen Siegpunkte ausgewertet.


Wie spielt sich das?

Zunächst einmal, die Artworks von Xavier Collette sind wundervoll: Dunkeldüstere, fantastisch anmutende Illustrationen überall, die Perlen sind tatsächlich Perlen, die wir in muschelförmigen Plastikschalen aufbewahren… Das ist alles sehr stimmungsvoll und wirklich schön gemacht.

Aber leider wurde die Spielbarkeit auf dem Altar der Kunst geopfert:

  • Mit den Perlen zu hantieren, ist aufgrund ihrer kugeligen Natur eher lästig.
  • Das Spielmaterial ist so meeresgrunddüster, dass es teilweise schwerfällt, überhaupt die Farben zu trennen. Die kommen zwar auch mit eigenen Namen und Symbolen daher, aber diese tauchen wiederrum manchmal gerade dort nicht auf, wo man sie bräuchte, bei den Querverweisen von Orten und Adligen. Welche Sorte Adlige sind nochmal Händler? Welches dieser phantasievollen Viecher ist nochmal ein Krustentier?
  • Die Sonderregeln der Adligen sind sehr mächtig, aber auch mächtig winzig geschrieben.
  • Die Orte sind unnötig sperrig, damit die Illustration zur Geltung kommt. Das Spiel braucht mehr Platz, als es brauchen sollte.

Aber kommen wir zum Spielgefühl.

Wir starten mit nur einer Perle, dadurch gestaltet sich der Anfang sehr zäh: Wir spielen eine ganze Menge Runden, in denen wir meist passen müssen, weil noch nicht genug Währung im Spiel ist. Später im Spiel stellt sich eine andere Form von zäh ein, man hat jetzt zwar Perlen und würde gerne kaufen, aber die blöden Mitspieler wählen nur noch selten die Aktion Erkunden, so dass man auch nicht an neues Getier kommt. Das kann man reizvoll oder gar strategisch finden, und man hat damit bestimmt auch irgendwie Recht, aber ich fand es eher bremsend bis hinderlich.

Irgendwann werden wir doch reich genug, um die Adligen und Orte anzugehen. Und mit ihnen kommt dann noch eine andere Art der Spielverzögerung auf. Ständig müssen von wechselnden Spielern winzige Texte studiert werden, und es wird abgewogen, welcher Adlige oder Ort gerade am sinnvollsten ist. Dazu muss das Spiel unterbrochen werden, denn der entsprechende Spieler könnte ja im nächsten Zug involviert sein. Als am Lästigsten erweist sich ein Ort, der suche dir irgendeinen Ort aus besagt. Hier darf man dann eine gefühlte Ewigkeit abwarten, bis alle fünfzehn Orte gelesen und bewertet wurden.

Ich selbst ertappe mich im Lauf des Spiels, dass ich bewusst simplifiziere: Ich wähle Adlige, Orte und Aktionen mit simplen Auswirkungen. Wann immer ein Mitspieler ein Monster bekämpft, erhält er nur die Belohnung der nächstniedrigen Stufe. Hört sich gut an, aber dann müsste ich ja im Kopf behalten, dass ich diese Fähigkeit habe, wann immer ein anderer erkunden geht. Das ist mir zu lästig, da nehme ich lieber einen Adligen, der einmal was schönes macht und mich dann nie wieder belästigt. Du erhältst zu Spielende drei Siegpunkte für jeden Tintenfisch in deinem Gefolge. Als hätte ich Lust darauf, bei der Auswahl ständig darauf zu achten, welche schlecht zu erkennende Farbe ich behalten muss. Auch greife ich immer öfter zum Monster bekämpfen, denn das bringt statische Siegpunkte, ohne irgendwelche komplizierten Überlegungen.

Am Ende erweist sich mein simplifiziertes Handeln als gar nicht so nutzlos, es endete 103:101:wenig:wenig oder so ähnlich.


Bewertung

So schön es daherkommt, insgesamt dauerte es mir einfach zu lange und spielte sich zu zäh.

Ok, das war interessant, gutes Spiel, schön, das auch mal gesehen zu haben, aber jetzt haben wir genug getan. Oh, jeder Spieler hat erst drei bis vier Adlige, und wir spielen bis sieben? Hmmm. 😉

Das Spiel funktioniert, es macht auch prinzipiell Spaß, aber gefühlt trägt die Mechanik nicht über die gesamte Spieldauer hinweg. Ich begann mich zu langweilen, denn letztendlich machen wir immer das gleiche.

Und dass man über die Orte und Schlüssel seine adligen Spezialfähigkeiten auch wieder abgeben muss, ist zwar eine interessante Idee, aber es sorgt auch dafür, dass sich keine Engine aufbaut. Man kommt nicht so recht ins Rollen.

Ich nehme an, wenn man alle Karten kennt und sich die Begriffe alle eingeprägt haben, spielt es sich etwas flüssiger und interessanter, aber so ganz überzeugt bin ich nicht. In Punkten landet Abyss bei mir bei 6/10. Ich werde mich nicht mit Händen und Füßen gegen weitere Spiele wehren, aber wenn ich es nie wieder sehe, ist auch nicht schlimm. 😉

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