Angespielt – Die unüblichen Verdächtigen

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Bildquelle: Heidelberger Spieleverlag

Die unüblichen Verdächtigen ist ein relativ simples Kommunikationsspiel um Vorurteile.

Ist das noch ein Spiel oder schon ein soziales Experiment?


Wie funktioniert es?

Zwölf Portraits liegen aus, die meisten davon klischeehaft überzeichnet, eines davon zeigt die gesuchte Person. Diese kennt aber nur einer von uns. Die anderen stellen reihum vorgefertigte Fragen: Hat die Person ein Smartphone? Isst die Person öfter auswärts?

Der Insider antwortet mit ja oder nein, basierend auf seinen Vorurteilen, und die anderen Spieler versuchen nun, unverdächtige Personen auszuschließen, basierend wiederum auf ihren Vorurteilen.

Bleibt nach ein paar Fragen nur noch die gesuchte Person übrig, hat die Gruppe gewonnen, und wer will, kann dann noch mit einem reichlich überflüssigen System eine Art High Score ausrechnen, also wie gut sich die Gruppe geschlagen hat.

Und dann beginnt schon die nächste Runde. Zumindest regeltechnisch also kein schwieriges Spiel.


Macht das Spaß?

Mal wieder ein Hmmm.

So lange alle Anwesenden eine gewisse Freude daran haben, ihren Vorurteilen freien Lauf zu lassen, und niveautechnisch eine gemeinsame Humorebene finden, kann ich den unüblichen Verdächtigen schon einen gewissen Unterhaltungswert zusprechen.

Das fängt dann ungefähr so an:

War die Person schon mal auf einer Kreuzfahrt? – Den da schließen wir aus. Der trägt doch bestimmt Birkenstock und wandert auf dem Jakobsweg. – Hört die Person klassische Musik? – Die Alte mit der Perlenkette? Bestimmt. – Trinkt die Person öfter Alkohol? – Der da sieht aus wie mein alter Lateinlehrer. Klar.

…endet aber bisweilen auch so:

Ist die Person verheiratet? – Die mit dem Kopftuch da, die ist doch bestimmt verheiratet. Die hat auch schon ein Dutzend Kinder. – Liest die Person Bücher? – Das Pornosternchen da? Bestimmt nicht! Höchstens den Beate Uhse Katalog…

Und spätestens dann darf man sich schon fragen, was man hier eigentlich gerade macht.

Denn spielerisch hat es genau Null Reiz. Ob man scheitert oder nicht, spielt eigentlich keine große Rolle, die Runden sind kurz und es gibt ohnehin keinen Gewinner. Viel zu überlegen gibt es auch nicht, höchstens mal ein paar Zusatzgedanken, wenn ja oder nein zu schnell oder zu zögerlich ausgefallen sind.

Getragen wird es also alleine vom Spaß daran, Menschen alleine nach dem optischen Eindruck in Schubladen zu packen. Und weil unter den Personen viele sind, die sich diversen fremden Kulturkreisen und Herkunftsländern zuordnen lassen, werden auch diese Klischees munter bedient. Das grenzt dann schon an Rassismus, wenn die „richtigen“ Fragen gezogen werden… aber natürlich ironischen Rassismus, versteht sich ja von selbst.

Wie solche Partien auf Außenstehende wirken, will ich gar nicht wissen.


Wertung

Wenn es mechanisch nur ein bisschen mehr Fleisch auf den Knochen hätte als reihum Fragen vorzulesen, wäre ich vielleicht ein bisschen milder gestimmt. So ist es mir als Spiel zu wenig, und die Instinkte, die davon angesprochen werden, sind mir ein bisschen zu niedrig. Einschätzen – das Spiel? Leider eher Lästern – Das Spiel.

3/10, ich werde jetzt nicht schreiend wegrennen, wenn es auf dem Tisch landet, aber ich sehe für mich eigentlich keinen Grund, es nochmal zu „spielen“.

4 Gedanken zu “Angespielt – Die unüblichen Verdächtigen

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