Gedanken zum Thema „Kampf“

Kürzlich hat der Amigo Verlag eine Information für neue Spielautoren veröffentlicht (Link zur PDF) , und mir ist direkt wieder die Zeile aufgefallen, die Kampf als zentrales Element ablehnt. Die findet man bei deutschen Spieleverlagen sehr oft.

Das hat mich dazu gebracht, ein bisschen über das Thema „Kampf“ nachzudenken, lose verbunden mit dem Thema „Spiel“.

Ich bin bestimmt nicht der einzige, der sich zwar nie in seinem Leben in irgendeiner Form geprügelt oder gar eine Waffe in der Hand gehalten hat, der zum Zivildienst gegangen ist, ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken, auf den alles Kriegerische aber dennoch eine unwiderstehliche Anziehungskraft ausübt.


 

Kampf ist faszinierend

Das fing bei mir schon in frühester Kindheit an.

Wozu braucht man diese bunten, durchsichtigen Lego-Spielsteine? Als Kind war das für mich von der ersten Sekunde an völlig klar: die sind dafür da, um die Raumschiffe mit dicken Laserwaffen auszurüsten, damit sie sich gegenseitig abschießen können. Ohnehin stand ungefähr die Hälfte meiner Legobevölkerung permanent unter Waffen.

Oder wie lange musste ich betteln, bis mir meine Eltern einen Dino Rider zum Geburtstag geschenkt haben.

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Und was haben diese Pazifisten getan? Sie haben die Laserwaffen runtergerupft und weggeschmissen! Damit war ich wochenlang der Verlierer auf dem Schulhof, weil mein Dinosaurier als einziger unbewaffnet war. Der Stachel sitzt heute noch tief. 😉

Im Herrn der Ringe habe ich die Schlachten von Helms Klamm und den Pelennorfeldern bestimmt hundertmal gelesen, aber Bilbos Geburtstag? Vielleicht zweimal.

Verbote oder sonstige pädagogische Maßnahmen sind unwirksam, Jungs mögen Waffen, und das hört auch im Alter nicht auf. Meine Freundin klagt zum Beispiel immer wieder darüber, dass nur über Kriege und Könige geschrieben wird, der (überwiegend männliche) Historiker erforscht das „normale Leben“ nur sehr widerstrebend.


Wo zieht man die Linie?

Wie viel Krieg ist in Ordnung, damit die kleinen Jungs noch ihre Schwerter und Gewehre bekommen? Wo hört die romantische Verklärung auf und wo fängt die Kriegsverherrlichung an?

Für mich kann man die Grenze bei einer Jahreszahl ziehen, und zwar 1914. Auch wenn Krieg in jeder Phase der Geschichte fürchterlich und grausam war, unfassbares Leid verursacht und stets das Schlimmste im Menschen hervorgebracht hat, ich kann bei einem Pirat oder napoleonischen Soldaten noch gerade so abstrahieren, bei einem Weltkriegssoldaten schon nicht mehr.

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Links Bilder aus dem Film Gladiator und von der Wikipediaseite über den ersten Weltkrieg, rechts die Spiele Imperial Settlers und Heroes of Normandie

Spiele, die thematisch nach 1914 angesiedelt sind, spiele ich nur sehr widerstrebend, und sie müssen schon höllisch gut sein, damit ich sie erneut spielen möchte. Das ist mir einfach zu nahe.

Die „romantische Verklärung“ des Vergangenen ist natürlich auch nicht gerade etwas Positives, aber was will man machen? Die Jungs brauchen halt ihre Waffen. Und wenn ich einen Sohn hätte, würde ich ihm jederzeit ein Plastikschwert kaufen, aber wohl niemals ein Plastiksturmgewehr.

Und ich habe das dumpfe Gefühl, dass die deutschen Spieleverlage sich hier eine Zielgruppe durch die Finger schlüpfen lassen, indem sie an „pazifistischen“ Themen festhalten. Es kann sein, dass diese nicht groß und wirtschaftlich genug ist, aber es gibt so viele erfolgreiche Kampfspiele, auch finanziell, und deren Entwicklung und Umsetzung wird größtenteils dem Ausland überlassen.

Das finde ich ein bisschen schade. Gebt dem kleinen Jungen in mir seine Kämpfe. 😉

 

2 Gedanken zu “Gedanken zum Thema „Kampf“

  1. Ich denke Krieg übt vor allem deshalb so eine Faszination aus, weil es die Verkörperung des Gut gegen Böse Prinzips darstellt (hier betont auf „darstellen“ denn so simpel war und ist es nie) nicht nur kleine Jungs sehen sich gerne in der Rolle des Helden in epischer Schlacht gegen den Bösewicht, auch viele große Jungs und Mädchen werden so für den Militärdienst gewonnen.

    All das ist aber im Grunde nur eine Verklärung der Tatsachen und es gibt keinen „guten“ oder akzeptablen Krieg in meinen Augen. Natürlich muss man sich gegen Unterdrückung wehren, doch auch das artet am Ende meist in Machtgehabe und sinnlose Gewalt aus. Es bräuchte dringend eine Alternative zum Krieg, doch akut scheint er noch zu viel Geld in die Kassen zu treiben.

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  2. […] Zum fragwürdigen Thema habe ich eingangs schon genug gesagt. Ich habe es dann trotzdem gespielt, und es tat auch nicht wirklich weh, aber der Beigeschmack blieb. Ein Star Wars Rebellion, das fast die gleiche Rollenverteilung hat, militärische Übermacht gegen störende Terroristen, das aber in einem fiktiven Universum spielt, ist für mich schon wesentlich einfacher zu akzeptieren. Siehe dazu auch meinen Artikel zum Thema Kampf. […]

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