Angespielt – Altiplano

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Bildquelle: BGG

Ich finde es bei Eurogames immer wieder lustig, mir den Punkt im Entwicklungsprozess vorzustellen, da der Autor oder Redakteur frustriert „Das muss jetzt so, scheiß aufs Thema!“ gemurmelt haben muss.

Dass ich einem Arbeiter Essen gebe, damit er Steine für mich klopft, das passt noch halbwegs in meinen Kopf. Dass ausgerechnet Kakaobohnen integraler Bestandteil der Glasproduktion sind, schon weniger.


Wie funktioniert das?

Wir spielen eine Variante/Weiterentwicklung von Orléans. Will heißen, wir haben einen Beutel mit Zeug drin, ziehen zu Beginn jeder Runde ein bisschen was davon raus und verteilen das auf unserem Tableau. Wenn wir eine geforderte Kombination zusammenbringen, kriegen wir dafür eine Aktion, die uns wiederum Siegpunkte oder neues Gerümpel für den Beutel einbringt. Und so weiter.

Das machen wir reihum für ungefähr eine halbe Stunde pro Spieler, und derjenige mit den meisten Punkten durch verschiedene Aktivitäten hat gewonnen.

Die wichtigsten Unterschiede zu Orléans sind:

  • Es spielt sich solitärer. Während der Vorgänger vor allem durch einen Wettlauf auf diversen Leisten motiviert wurde, wird hier eher nebeneinander her gespielt. Es passiert immer noch, dass man sich mal gegenseitig etwas vor der Nase wegschnappt, aber doch deutlich seltener. Auch das Entsorgen des Beutelinhalts ist kein Wettbewerb mehr, jeder hat sein eigenes Tableau dafür. Die begrenzte Anzahl an Rohstoffen ist nun kein Ansporn mehr, schnell noch was davon zu bekommen, sondern ist eine Spielendebedingung geworden.
  • Es wurde eine weitere Ebene zum Planen und Nachdenken eingeführt: Wir müssen für die gewünschte Aktion nicht nur die richtige Kombination an Rohstoffen aus unserem Beutel ziehen, wir müssen auch noch mit einer Figur am richtigen Ort stehen – mit zumindest anfangs sehr eingeschränkten Bewegungsmöglichkeiten. So muss man etwa zum Steineklopfen in den Steinbruch, zum Verkaufen auf den Markt.
  • Wir ziehen unseren Beutelinhalt komplett leer, bevor wir ihn wieder füllen. Will heißen, dass jeder Stein, der darin herumliegt, in jedem Fall irgendwann auftauchen wird. Was natürlich eine Glückskomponente rausnimmt, bei Orléans konnte es passieren, dass ein gewünschter Stein sich niemals zeigen wollte.
  • Es gibt ein süßes Lama als Startspielerstein.

Wie spielt sich das?

Altiplano ist – gerade, wenn Orléans schon bekannt ist – halbwegs zügig erklärt.

Es ist allerdings deutlich schwerer zu planen, weil ich neben meinen Aktionen auch noch einbeziehen muss, ob ich überhaupt die Orte dafür erreichen kann.

Ich fühlte mich dadurch in meinen Möglichkeiten eingeschränkt und in eine Ecke gedrängt: Ich wollte gerne viele Aktionen machen, konnte aber nur wenige Orte besuchen, also habe ich mehr oder weniger immer dasselbe getan, bin zwischen denselben zwei Orten gependelt und habe meinen Beutel dahingehend aufgebaut, dass wenigstens das gelingt. Das war nicht unbedingt ineffizient, aber doch recht einseitig.

Andere Spieler am Tisch, die eher mit den vielen verschiedenen Rohstoffen und den vielen Orten spielen wollten, waren sichtlich frustriert, dass ihre Pläne oft nicht so recht aufgehen wollten und sie nach 1-2 Aktionen passen mussten, während andere wesentlich mehr tun konnten.

Ich nehme nicht an, dass in unserer Erstlingspartie irgendwer „optimal“ gespielt hat, und das darf auch so sein. Aber dennoch, ich habe das Gefühl, diese zusätzliche Einschränkung ist eher hinderlich fürs Spielvergnügen.

Noch ein paar Worte zum Spielmaterial: Zwecks Wiederspielwert finden sich die Orte nicht auf einem gemeinsamen Spielplan, sondern einzeln auf amorphen Pappteilen, die man zu Beginn irgendwie zufällig im Kreis anordnen darf. Auch erhält jeder Spieler eine ganze Sammlung unterschiedlich geformter Tableaus in verschiedenen Größen, so dass der Spieltisch im Nullkommanix aussieht wie eine ziemliche Flickschusterei (Bild auf BGG). Das wirkt dann für den Betrachter vielleicht etwas chaotisch, ist im Spiel aber kein Problem. Insgesamt ist das alles recht hübsch geraten, höchstens ein bisschen zu kindlich verspielt illustriert für ein eher „trockenes“ Wirtschaftsspiel.

Zum Thema habe ich mich in der Einleitung schon geäußert. Ja, wir sind irgendwie Lamahändler oder sowas ähnliches irgendwo in Südamerika, das passt schon. Nein, es ist trotzdem kein thematisches Spiel.


Fazit

Altiplano ist sicher ein gelungenes Euro der gehobenen Kennerspielklasse. Es ist knifflig, es ist spannend, es erlaubt verschiedene Strategieansätze, es funktioniert bestimmt nach einer gewissen Eingewöhnung. Es darf gerne nochmal auf den Tisch, ich bin noch nicht fertig damit.

Aber wenn ein Spiel derart starke Anlehnungen nimmt, muss es sich auch mit seinem Vorgänger messen lassen. Und für mich ist Orléans – das ich seit dem oben verlinkten Artikel noch einige Male auf dem Tisch hatte – definitiv der „rundere“ Titel.

4 Gedanken zu “Angespielt – Altiplano

  1. Ein wenig Schade, dass es so ähnlich ist wie Orleans. An Brettspielen faszinieren mich immer wieder die neuen Ideen der Autoren und Designer. Wenn ein Spiel einem anderen zu sehr gleicht, macht sich bei mir meistens Enttäuschung breit. Selbst wenn das Spiel eigentlich ganz ok ist.

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    • Jein.
      Es ist meiner Meinung nach schon okay, Mechanismen aus einem anderen Spiel zu „recyclen“. Und Neuerungen sind ja durchaus vorhanden.
      Sie gehen nur in eine Richtung, die ich als „schwächer“ empfinde: weniger Interaktion und eine zusätzliche Planungsebene in einem System, das nun wirklich schon komplex genug war.

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