Angespielt – Age of Empires 3

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Bild von BGG

Age of Empires III: The Age of Discovery ist eine abendfüllende Wirtschaftssimulation, die thematisch in der Ära kurz nach Kolumbus angesiedelt ist. Es fällt in die Kategorie worker placement, wir setzen unsere Siedler auf verschiedene Aktionsfelder, die am Ende der Platzierphase entweder per Mehrheitsprinzip oder nach dem Motto Wer zuerst kommt, mahlt zuerst ausgewertet werden und uns verschiedene Aktionen erlauben, etwa das Sammeln von Handelswaren, das Ausbilden von Kapitänen oder Missionaren oder das Besiedeln der neu endeckten Kolonien.

Und hier fühle ich mich direkt gedrängt, als Vorwarnung einen kurzen Abschnitt zum Thema einzufügen:

Amerika ist entdeckt, und unsere Nationen streiten sich darum. Wir bringen unzählige Eingeborene um oder zwingen sie in den christlichen Glauben, wir plündern ihre Länder und Bodenschätze aus, und wir schießen uns auch noch gegenseitig tot.

Abstrahieren ist zwar möglich, aber nicht unbedingt einfach, denn Soldaten sind nunmal Soldaten und spielen sich auch so, inklusive Extra Beute für erschossene Eingeborene. Diese haben auf den Entdeckerplättchen eine kuriose Körperhaltung, die sich auch als Leichenstarre interpretieren lässt, und manche Plättchen haben ziemlich eindeutige Texte wie „der Untergang der Inka“. Wer dieses Plättchen kauft, kann sich durchaus als denjenigen verstehen, der soeben einen Völkermord für 20 Münzen begangen hat.

Der Umgang mit dem Thema bewegt sich also zumindest für mich irgendwo zwischen fragwürdig und politisch unkorrekt.


Wie funktioniert das?

Die Worker Placement Komponente ist schnell erklärt und einleuchtend. Wir haben 5 Siedler und verteilen sie reihum auf acht verschiedene Aktionsfelder, wobei es sich meist lohnt, als erster auf ein Feld zu bieten.

  • Zugreihenfolge: wer hier zuerst bietet, ist im nächsten Spielzug als erster dran.
  • Handelswaren: 4 zufällige liegen aus, 4 Plätze gibt es. Wer zuerst kommt, wählt zuerst. Handelswaren liefern Geld, und zwar um so mehr, je mehr von einer Sorte man ansammelt.
  • Handelsschiff: wer hier am meisten Siedler einsetzt, bekommt ein kleines Plastikschiff, das beim Handel hilft.
  • Spezialisten: es gibt begrenzte Plätze, die Siedler in Kapitäne, Soldaten, Missionare oder Kaufleute umzuwandeln.
  • Siedeln: Die Hauptquelle für Siegespunkte ist, die Mehrheit an Plastikfiguren in Ländern zu erhalten. Hier platzierte Figuren wandern in die neue Welt. Es gibt auch hier nur begrenzt viele Plätze, und bald herrscht ziemliches Gedrängel.
  • Privilegien kaufen: Die gewähren für teures Geld dauerhaft oder einmalig zusätzliches Einkommen, Aktionen oder Spielfiguren.
  • Entdecken: Die Länder müssen alle erst entdeckt und ihre Eingeborenen besiegt werden. Auf diesem Feld sammelt man eine Armee an, bis man glaubt, sie ist groß genug, um einen zünftigen Völkermord zu begehen. Das ist auch so ziemlich die einzige Glückskomponente des Spiels, man kann hier Figuren verschwenden oder scheitern, je nachdem, ob man zu viele oder zu wenige Figuren ins unentdeckte Land schickt.
  • Krieg: Wer hier platziert, kauft das Privileg, auf gegnerischen Spielfiguren herumzuschießen.

Später im Spiel werden es dann mehr als 5 Siedler, oder eben Spezialisten. Auf manchen Feldern bleiben in der Auswertung ungenutzte Figuren stehen, auf anderen verfallen sie, das muss man anfangs zwar ärgerlich oft nachlesen, aber es macht schon Sinn, wie es geregelt ist.

Gespielt wird über drei Epochen, die in mehrere Platzier- und Aktionsphasen aufgeteilt sind, und an deren Ende jeweils eine Zwischenwertung erfolgt, die den Spielern Anhaltspunkte gibt, wie sie gerade stehen und wer wohl niedergehalten werden muss.


Wie spielt sich das?

Zunächst einmal kullern uns Tonnen an Spielmaterial entgegen, denn die Schachtel enthält kurioserweise keinerlei Sortiereinlage, und das, obwohl sie nur halb voll ist.

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Wir sammeln die zig Plastikfigürchen unserer Farben heraus und stellen direkt fest, dass die zwar ganz hübsch, aber schwer auseinanderzuhalten sind. Nur der dicke Missionar mit seinem Kreuz ist ziemlich eindeutig. Man sollte auf Dauer wohl zumindest die Soldaten und Kaufleute zur Hälfte in einen Farbtopf tunken, damit man sie leichter von Kapitänen und Siedlern unterscheiden kann. Wir haben über das ganze Spiel hinweg immer wieder zu falschen Figuren gegriffen.

Dann fangen alle direkt an, mit den riesengroßen Plastikmünzen herumzuklimpern. Auch das ändert sich über den Abend nicht mehr wirklich, daran hatte jeder Spaß. 😉

Die Handelsschiffe sind ebenfalls niedlich und eignen sich hervorragend zum herumspielen. Nachdem wir dann noch die diversen Plättchen mit Handelswaren, Eingeborenen und Privilegien sortiert und verteilt haben, kann es endlich losgehen.


Wir platzieren nun zwei, drei Stunden lang unsere Siedler und Spezialisten, werden reicher, mächtiger und potenter, und bemerken so langsam, dass der Kontinent nur begrenzt groß ist, es kommt zu ersten Streitereien, Absprachen und offenen Konfrontationen.

So richtig weiss anfangs keiner von uns, was wirklich gut ist und viele Punkte bringt, aber obwohl wir völlig unterschiedliche Ansätze verfolgen, unsere Punkte bleiben ungefähr ähnlich, das Spiel erscheint also sehr ausgewogen.

Wie immer in solchen Spielen geht es vor allem ums Abwägen des Handlungsspielraums und um das Einschätzen der Mitspieler. Brauche ich dringend einen Soldaten, weil der Gelbe bestimmt auch einen kauft, oder spare ich mir das und nehme lieber eine Handelsware? Wie viele Siedler muss ich nach Kanada schicken, damit mir das sicher gehört und der grüne Spieler sich ab jetzt da raushält?

Das macht Spaß und ist gut und transparent umgesetzt. Die Mechanik funktioniert sehr gut, die Entscheidungen fühlen sich sinnvoll und gewichtig an. Die Reihenfolge ist wichtig, die Auswahl an Privilegien ist interessant, und es kristallisieren sich bald schon Strategien und Taktiken heraus.

Insbesondere mochte ich auch die Art, wie der Krieg untereinander integriert wurde, denn das kriegen Worker Placement Spiele meist nicht hin. Das ist hier sehr gut umgesetzt. Daumen hoch.


Wertung

Ich vergebe eine wohlwollende 8/10, ich mag das Spiel sehr gerne, auch wenn ich den Umgang mit dem Thema etwas fragwürdig finde.

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