
Ich habe das Spiel mit dem ziemlich langen Titel A Game of Thrones – Hand of the King eigentlich nur wegen der Illustrationen gekauft. Die geistern seit geraumer Zeit im Netz herum, der einfache Comicstil ist nicht nur genau mein Geschmack, die Bilder basieren auch auf den Beschreibungen in den Büchern, statt die Serie wiederzukäuen. Jetzt habe ich sie endlich alle auf einem Haufen.
Das Spiel dahinter ist ein eher abstrakter Filler für 2-4, vermutlich eher 2-3 Personen. Es ist – wie zu erwarten – hundsgemein und bestrafend.
Wie funktioniert das?
Zunächst errichten wir King’s Landing, ein zufälliges Arrangement von 6×6 Karten. Sechs verschiedene Häuser (Kartenfarben) gibt es, beginnend mit den Tullys mit zwei Adligen, hoch zu den Starks mit acht Karten. Die letzte Karte ist Lord Varys, die gemeinsame Spielfigur der Anwärter auf das Amt im Spieltitel.
Der aktive Spieler sagt, ausgehend von Varys‘ Position, ein Haus und eine Richtung an. Er bekommt alle Karten des Hauses, die in dieser Richtung zu finden sind, und Lord Varys bewegt sich dorthin, wo der letzte Adlige lag.

Hat er dadurch die meisten Adligen dieses Hauses, Gleichstand reicht schon, so erhält er das gleichfarbige Wappen. Sammelt er den letzten Adligen eines Hauses ein, so darf er einen Companion auswählen. Die haben teils banale, teils hundsgemeine Extrafähigkeiten, mit denen sich das Spielgeschehen nochmal ordentlich durchwirbeln lässt.
So geht es reihum weiter, und nach und nach verschwinden die Karten. Irgendwann kann sich Varys nicht mehr bewegen, weil in keiner der vier Richtungen Adlige auf ihn warten. Dann endet das Spiel, und es gewinnt derjenige mit den meisten Wappen.
Varianten: Weil die Mitspieler weinen, fluchen, lästern, anaylsieren, den anderen Züge vorschreiben oder sonstwas tun könnten, wird noch eine kleine Änderung vorgeschlagen: Jeglicher Tabletalk ist verboten, das Spiel ist schweigend zu absolvieren. Aber jeder Spieler erhält ein Plättchen, mit dem er ein einziges Mal einen Mitspieler beiseite nehmen und auf ihn einreden kann. Außerdem könnte man zu viert in Teams spielen, ich würde aber lieber gar nicht zu viert spielen.
Wie spielt sich das?
Zunächst sei vorgeschoben, dass das mal wieder so ein Spiel ist, das sich mit verschiedenen Spieleranzahlen völlig anders anfühlt. Mag natürlich an mir liegen, aber zu zweit plane ich herum wie ein Schachweltmeister, schon zu dritt ist mir das zu doof. Da mache ich dann ungefähr das erstbeste.
Die Entscheidungen sehen zunächst meist ungefähr so aus:

Gehe ich nach oben, bekomme ich zwei Lannisters. Dann kriegt der Spieler neben mir aber gleich drei Greyjoys, das mache ich im Leben nicht! Nach rechts bekomme ich zwei Baratheons, das Haus hat eh nur vier Karten, also ist das fast schon ein sicheres Wappen. Und ich biete dem nächsten Spieler keine Steilvorlage, von Shireen’s Position aus gibt es keinen Zug, der mehr als eine Karte einbringt. Alles klar, nach rechts!
Das sind noch relativ binäre Entscheidungen, wobei man da auch schon ordentlich planen kann, wenn man mehrere Folgezüge mit einbezieht.
Später wird es zum Teil leichter, weil weniger Karten rumliegen, aber auch kniffliger, weil sich schon abzeichnet, welche Karten man den Mitspielern so überhaupt gar nicht gönnen will. Insbesondere dadurch, dass schon Gleichstände reichen, um ein Wappen zu verlieren, gerät man immer wieder in die sprichwörtliche Zwickmühle.
Außerdem gibt es ja noch die Companions beim Abräumen der letzten Karte einer Farbe. Die dürfen die Mitspieler auch nicht bekommen, dafür sind die Karteneffekte teilweise viel zu eklig. Aber irgendwo muss ich halt hin…
Gegen Ende bietet sich zusätzlich noch die Option, das Spielende zu forcieren, indem man Varys in Positionen schiebt, aus denen er nicht mehr allzu leicht rauskommt. Dafür will man aber eigentlich schon die Mehrheit der Siegel haben.
Hört sich alles recht abstrakt an? Ist es auch. Die Informationen liegen zu 99.9% offen, die aktuellen Optionen sind meist relativ überschaubar, und theoretisch wäre alles planbar. Es fühlt sich schon fast so an, als wäre das Spiel nach dem Aufbau und dem Bestimmen des Startspielers algorithmisch lösbar. Aber dafür müssten alle Spieler stets den global besten Zug wählen, und das tun Menschen nunmal nicht.
Thema kommt leider fast nur über die Companions rein. So darf etwa Khal Drogo (Spoiler Season 1) Viserys aus dem Spiel nehmen und Daenerys rauben, egal, wo sie sich gerade befinden. Der gute alte Hodor erlaubt es, Bran Stark zu mopsen, und so weiter. Die Companions wirken fürchterlich unausgewogen, aber es ja vorher bekannt, welche zur Wahl stehen, und die Spieler sind selbst schuld, wenn sie den Gegnern diese Optionen überlassen.
Zumindest ein bisschen findet sich das Thema aber auch im Spielgefühl wieder. Ich habe zum Beispiel mehrfach Züge gewählt, die meinem Sitznachbarn einen besonders schönen Zug ermöglichen, nur damit er dadurch in Konkurrenz zum dritten Spieler gerät: Jetzt habt ihr beide drei Starks, kloppt euch mal um das Wappen, ich sammle so lange unüberwindbare Mehrheiten bei zwei kleineren Häusern.
Nach etwa einer Viertelstunde ist das Spiel auch schon wieder vorbei, so dass es nicht wirklich wehtut, wenn ein Spieler immer nur schlechte Züge zur Auswahl hatte, oder wenn Sieger und Verlierer schon vor Ende feststehen. Denn das wird leider fast zwangsläufig passieren, in all meinen Testspielen waren die letzten 4-5 Züge nur noch Formsache.
Fazit
GoT-HotK ist mir ein bisschen zu abstrakt, ein klein wenig mehr Thema, auch auf Kosten der Einfachheit und Spieldauer, hätte meiner Meinung nach nicht geschadet. Es fühlt sich zum Beispiel ein bisschen falsch an, dass alle 35 Hauptcharaktere überhaupt keine Regeln haben und nur Platzhalter ihrer Farbe sind, während alles Thema an den Nebenfiguren klebt.
Die Aufmachung finde ich grandios, ich würde das Spiel alleine deshalb behalten, ich hatte aber auch genug Spaß an den bisherigen Partien, so dass die Schachtel definitiv in meiner Sammlung verbleibt.
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