Wer in diesem Blog herumschnüffelt, findet einen Haufen „Schnellschüsse“, ich schreibe über Spiele, ohne sie wirklich totgespielt oder zerlegt zu haben. Da stehe ich auch dazu, ich maße mir an, recht früh sagen zu können, ob mir ein Spiel schmeckt oder nicht. Und deshalb steht da ja auch „Angespielt“ und nicht „Rezension“. Ähnliches gilt für die Noten, die ich mal dazuschreibe, mal weglasse, sie geben nur meine ungefähre Lust wieder, das Spiel erneut auf den Tisch zu packen oder gar selbst zu erwerben. Das deckt sich zwar ungefähr mit der Notenskala auf Boardgamegeek, aber welche Spiele mir wirklich dauerhaft gefallen, kann der werte Leser bestenfalls erahnen. Das weiß ich oft auch selbst nicht, viele Spiele, die ich total toll finde, landeten irgendwie trotzdem nie mehr auf dem Tisch und verstaubten im Regal.
Daher nun eine Liste meiner tatsächlichen Dauerbrenner. Ich habe dazu fünf grobe Kategorien aufgestellt und meinen jeweiligen Favoriten ausgewählt. Abendfüller, Filler, Strategie mit Aufbauen, Strategie mit Hauen, Partyspiel.
Ausführliche Besprechungen finden sich natürlich bereits in diesem Blog, die Links findet ihr im Titel.
Abendfüller: Eldritch Horror
H.P. Lovecrafts Universum ist ein finsterer Ort. In einer Zeit, als die Welt noch geheimnisvoll und unerforscht war, begegnen wir einem namenlosen Grauen. Die großen Alten schlummern in den tiefsten Ozeanen, in verborgenen Winkeln der Welt, angebetet von abscheulichen Kulten warten sie darauf, sich erneut zu erheben und die Welt zu verschlingen. Wer den Blick über den Tellerrand wagt, erkennt seine völlige Hilflosigkeit gegenüber diesem Grauen, und hat nichts zu erwarten als den Wahnsinn.
Cthulhu ist inzwischen im Mainstream angekommen, gerade in der Brettspielwelt. Ich habe es nie recherchiert, aber ich nehme an, dass einfach irgendeine Form von Urheberrecht erloschen ist, und jetzt grabscht jeder danach.
Eldritch Horror enthält viele Elemente, die es für mich eigentlich disqualifizieren müssten: So müssen zum Beispiel regelmäßig Spieler rundenlang untätig aussetzen. Es hat einen irrsinnigen Glücksanteil. Es liegt teilweise überhaupt nicht in meiner Hand, wie das Spiel weitergeht. Ich werde gespielt, herumgeschubst, zum Zuschauen verdammt.
Aber hier stört es mich überhaupt nicht. Denn besser als jedes andere Spiel, das ich kenne, erzählt Eldritch Horror Geschichten, vor meinem geistigen Auge spielt sich ein Film ab. Ich habe es unzählige Male gespielt, sehr selten gewonnen, aber jedes Mal freue ich mich auf den nächsten Versuch. Und wie ich die Niederlagen genieße. Einfach herrlich!
Honourable Mentions: Labyrinth, Dominant Species, der eiserne Thron
Filler: Sheriff von Nottingham
Was hast du denn da in deinem Beutel? – Äh… Hühner. Drei Hühner. – Ich erkenne einen Lügner, wenn ich ihn sehe. Hühner? Dass ich nicht lache. – Doch, doch, ich bin ein ehrlicher Geschäftsmann. Es sind nur Hühner und eine gefährliche, verbotene Armbrust. – Hochstapler! Reiche er mir den Beutel zur Inspektion! – Ja… äh… Nein! Würden Euer Hochwohlgeboren eine kleine Zuwendung annehmen, und stattdessen in Simons Beutel blicken?
Ein Spiel, das alles richtig macht. Es hat so gut wie keine Regeln, und ist Atmosphäre pur.
Reihum darf einer von uns seine diktatorischen Machtphantasien ausleben, willkürlich über Schicksale entscheiden, Bestechungen annehmen oder verweigern… und die anderen fühlen sich, als wären sie beim Schwarzfahren erwischt worden. Oder aber er fühlt sich wie der trottelige Lehrer, der beim besten Willen nicht herausfinden kann, welcher seiner gewitzten Schüler ihm gerade wieder einen Streich gespielt hat.
Lediglich die Endabrechnung ist ein bisschen doof gelöst, sehr viel Kopfrechnen für so ein lustiges Geplänkel, aber dafür wurde glücklicherweise eine App nachgereicht.
Honourable Mentions: Wilkommen im Dungeon, King of New York
Strategie, Euro: Burgen von Burgund
Ich kaufe mit meinem Silber eine Burg. Mit diesem Würfel platziere ich sie, zehn Siegpunkte. Mit der Burgaktion baue ich dieses Haus, dann darf ich sofort ein weiteres Haus bauen, damit kriege ich diese Stadt fertig, 15 Punkte. Damit habe ich als erster die Städte fertig, und kriege noch ein Bonusplättchen, noch mehr Punkte. Und jetzt haltet euch fest: Meinen zweiten Würfel nutze ich, um…
Von Vielspielern zärtlich „Bubu“ genannt, wird um einen äußerst cleveren Würfelmechanismus herum optimiert, was das Zeug hält. Kein anderes Spiel gibt mir derart das Gefühl, hochgradig clever zu sein. So gut wie alles bringt Siegpunkte, alles bringt mich voran, das ist einfach ein sehr positives Spielgefühl. Dass es eher solitär zugeht, darf auch mal sein: die Mitspieler mopsen lediglich Plättchen aus der Auswahl, die eigentlich für mich bestimmt waren, und setzen mich auf der Siegpunkteleiste unter Druck.
Ich würde mich sehr freuen, wenn dieser Titel in der Zukunft graphisch überarbeitet würde, denn das ist mein einziger Kritikpunkt: Das Spiel verkauft sich optisch unter Wert, das Material ist bieder, langweilig und unspektakulär.
Honourable Mentions: Dynasties, Isle of Skye
Strategie, kriegerisch: Kemet
„Strategie“ ist vielleicht ein bisschen irreführend. Einen längerfristigen Plan verfolge ich hier eigentlich nur beim Kauf von Verbesserungen. Bekommen meine Soldaten Kriegselefanten, Streitwagen und Riesenskorpione? Oder sorge ich dafür, dass ich zwar nicht so toll kämpfen, aber meine Verluste problemlos ausgleichen kann?
Was wir hier hauptsächlich tun, ist eher taktischer Natur: Wir hauen uns reihum mit unseren Armeen auf die Mütze.
Der Grund, warum ich es so gerne mag, ist im verlinkten Artikel ausführlich beschrieben. Es löst für mich äußerst elegant eine ganze Reihe genrespezifischer Probleme.
Honourable Mentions: Blood Rage, Evolution
Partyspiel: Krazy Wördz
Die Idee hört sich nicht wahnsinnig innovativ an: Wir ziehen alle einen obskuren Begriff und müssen dann aus seltsamen Buchstabenkombinationen ein Wort erfinden, das ungefähr dazu passen könnte. Dann raten wir reihum, wer mit seinem Wort welchen Begriff meint, und bekommen Punkte fürs Erraten und Erraten werden.
Aber die kleinen Änderungen am Altbekannten sorgen für ein großartiges Spielvergnügen. Es gibt so gut wie keine Wartezeiten, alle basteln und raten gleichzeitig. Was da an Wortschöpfungen rauskommt, ist bisweilen absurd komisch und bestimmt die wahren Sieger des Abends. Die Punkte motivieren zwar auch, Gewinnen steht aber absolut nicht im Vordergrund.
Anders als etwa Codenames, dem sich Krazy Wördz beim Spiel des Jahres 2016 geschlagen geben musste, funktioniert es in jeder Besetzung. Und es hat einen besseren Spielfluss, wir müssen nicht ständig warten, während ein verzweifelter Erklärer im Trüben nach Assoziationen fischt.
Ich sehe das Spiel seit Erscheinen jede Woche im Spieleclub auf einem Tisch liegen, und das aus gutem Grund. Da setze ich mich immer gerne dazu.
Honourable Mentions: Agent Undercover, Bang!
Carcassonne, Catan oder Dominion?
Dominion. Haushoch.
Hi, ich kann Dir ein bißchen Recherche ersparen: Hoard Philipps Lovecraft verstarb 1937. Wer mehr als 75 Jahre in der Kiste liegt, verwirkt sein Urheberrecht und seine Texte werden gemeinfrei. So zumindest grob in der Kurzfassung.
Vielen Dank für den Artikel.
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Dann warte ich mal auf den schönen Tag, an dem endlich ein vernümpftiger Cthulhufilm in die Kinos kommt – als Inspiration hergehalten hat Lovecraft ja oft genug, aber ein richtig schöner, eigenständiger Film mit Millionenbudget und zyklopischer Architektur, das fehlt noch. 🙂
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[…] Eldritch Horror dennoch mein Lieblingsspiel ist, und das hier so gar nicht, bedarf wohl eines eigenen […]
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