Angespielt – Aufbruch zum roten Planeten

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Bildquelle: Fantasy Flight Games

Dampfbetriebene Raketen aus dem neunzehnten Jahrhundert sind wohl wesentlich besser dafür geeignet, ferne Planeten zu bereisen, als der ganze neumodische Plunder. Hätte Matt Damon das nur früher gewusst, das hätte ihm eine Menge Ärger erspart.

In Mission: Red Planet – so der englische und meiner Meinung weniger sperrige, also bessere Titel – schicken wir unsere Meepleastronauten in automatisierten Raketen auf die Reise, um die verschiedenen Regionen des Mars und ihre sagenhaften Rohstoffe in Besitz zu nehmen.

Es dauert ungefähr eine Stunde und ist für zwei bis sechs Spieler geeignet.


Wie funktioniert das?

Zunächst basteln wir aus dem wunderbar knuffigen Spielmaterial den roten Planeten und den Raumflughafen zusammen – der kann breiter oder schmaler ausfallen, das ist abhängig von der Spieleranzahl. Jeder Spieler erhält zudem einen Haufen kleiner Plastikastronauten, ein Aktionskartendeck und geheime Ziele, die zum Spielende Bonuspunkte bringen.

Mission: Red Planet ist in erster Linie ein Mehrheitenspiel. Wer über insgesamt zehn Runden die meisten Meeple auf den verschiedenen Marsregionen mit ihren illustren, altmodisch klingenden Namen unterbringt, erhält dafür in regelmäßigen Abständen immer mehr Siegpunkte. Und nicht ganz überraschend gewinnt, wer die meisten davon ansammelt.

Mission verstanden, wie kommen wir also da hin?

Über diese Raketen:

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Bildquelle: Fantasy Flight Games

In jeder Runde stehen einige davon bereit, und sie starten in Richtung des darauf angegebenen Ziels, sobald sie mit Astronauten befüllt sind. Auf dem Weg kann natürlich eine Menge passieren, das kann erfolgreich sein oder schief gehen, die Raumfahrt ist schließlich ein gefährliches Metier.

Dafür haben wir unsere Akionskarten. Hier zum Beispiel die Entdeckerin:

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Bildquelle: FFG

Zu Beginn jedes Zugs wählen wir geheim eine Karte aus, nach drei verschiedenen Kriterien:

  • Spielerreihenfolge: je höher der Kartenwert, desto früher sind wir an der Reihe, denn einer von uns intoniert einen Countdown, und wer zum Beispiel eine Fünf gewählt hat, meldet sich bei „9… 8… 7… 6…“ -„Ich!“. Tendenziell sind Karten mit niedrigeren Zahlen etwas stärker, aber auch mit Risiken behaftet, manchmal verhindern die zuvor agierenden Spieler den Karteneffekt.
  • Astronauten: Wie viele davon wir auf welche wartenden Raketen verteilen dürfen.
  • Sondereffekt: Da ist dann alles mögliche dabei. Raketen zerstören oder frühzeitig oder woandershin starten lassen, Meeple auf dem Mars bewegen, und ein bisschen Kämpfen und Verdrängen gibt es auch.

Die Karten bleiben ausgespielt und können nicht erneut gewählt werden, bis man die recht schwache Neun gewählt hat, dann bekommt man alle zurück.


Wie spielt sich das?

Erfrischend einfach. Die Regeln sind im Nullkommanix erklärt, einzig die neun verschiedenen Aktionskarten brauchen ihre Zeit, aber die habe ich ja stets auf der Hand und kann sie immer wieder anschauen. Dafür, dass Mission: Red Planet aus dem Hause  FFG stammt, sind die Regeln und das Material wirklich erstaunlich übersichtlich und kompakt.

Die beachtliche Auswahl völlig unterschiedlicher Aktionskarten, das ständige Abzählen der Mehrheiten und Abschätzen des gegnerischen Potentials bergen aber natürlich immer noch das Risiko, dass anwesende Grübler in Analysis Paralysis verfallen. Um solchen Verzögerungen entgegen zu steuern, verwendet das Spiel eine Reihe von Tricks:

  • Über die geheimen Ziele sind wir zumindest ein wenig dazu angehalten, spezielle Regionen anzusteuern, das nimmt Entscheidungen ab.
  • Über – oben nicht beschriebene – Entdeckerkarten kommt ein unabwägbares Element ins Spiel. Darauf stehen dann Dinge wie In dieser Region bekommt der Zweitplatzierte die Rohstoffe oder Eine ungerade Anzahl Astronauten zählt als Null Astronauten. Das soll wohl dazu verleiten, nicht zu viel nachzudenken, man kann es eh nicht alles abschätzen.
  • Es ist sowieso nicht falsch, erstmal blindlings den Mars zu stürmen, je mehr eigene Meeple dort herumlungern, desto besser. Bewegen kann man sie immer noch später, im Idealfall direkt vor den Wertungsphasen.Dann müssen die Aktionskarten her, mit denen sich die Mehrheiten verändern und damit Siegpunkte abgreifen lassen.

Mission: Red Planet ist ohnehin eher ein taktisches denn ein strategisches Spiel: Wir bauen keine Engine auf, es ist weitestgehend egal, was in vorherigen Runden geschah, es gilt einfach nur, aus der aktuellen Situation das beste zu machen. Dafür reicht es völlig, kurz den Spielplan, die ausliegenden Raketen und die verfügbaren Karten zu studieren, und das machen glücklicherweise alle Spieler gleichzeitig. Dann treffen wir eine kurzfristige Entscheidung, und was dann passiert, liegt mehr oder weniger in Gottes Hand.


Wertung

Mission: Red Planet spielt sich locker-flockig runter, ich mag Spiele, die zwar eine gewisse Tiefe mitbringen, aber nicht gerade als grüblerische Schwergewichte daherkommen. Wer nicht allzu viel denkt, aber halbwegs intuitiv spielt, kommt mit allen Mechanismen zurecht, und man wird auch nicht allzu sehr bestraft, wenn man die Kartentexte nicht in- und auswendig kennt. Ein äußerst angenehmer Zeitvertreib.

Das hochwertige Material und die tollen Illustrationen helfen beim Eintauchen, und auch ein paar Spielelemente an sich sind wunderbar thematisch, vor allem, dass die Reihenfolge anhand eines Countdowns ermittelt wird. Großes Showgeschäft.

Ich vergebe eine wohlwollende 9/10, was ungefähr heißen soll: Ich will das nicht nur spielen, sondern auch haben.


Nachtrag: Mein überwiegend positiver Eindruck bleibt nach ein paar weiteren Partien bestehen, einziger echter Abstrich für mich: es ist etwas arg schnell vorbei: 10 Karten spielen, dazwischen dreimal werten, fertig. Sobald man verstanden hat, wie der Hase läuft, kann man das Spiel also sehr schnell runterrocken, und auch wenn die tatsächliche Spielzeit vielleicht etwas höher liegt, die gefühlte ist schon fast zu kurz.

 

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