Angespielt – Forbidden Stars

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Bild von Fantasy Flight Games

Forbidden Stars ist ein asymmetrisches Weltraumkriegsspiel, angesiedelt im Warhammer 40.000 Universum. Wir kämpfen als glorreiche Space Marines, wilde Orks, düstere Chaosanhänger oder mysteriöse Eldar um die Kontrolle über Sternensysteme, bauen unsere Welten auf, erlernen neue Technologien und heben immer mächtigere Einheiten aus. Kurz, ein sogenanntes 4X Spiel (explore, expand, exploit, exterminate), mit einem sehr großen X bei exterminate.

Man kann Forbidden Stars außerdem als den kleinen Bruder von Star Craft sehen: alles ein bisschen zugänglicher, schlanker und leichter, nicht ganz so fummlig und komplex.

Aber keine Sorge, Forbidden Stars ist immer noch ein richtiger Brocken, mit ausufernder Spieldauer, Tonnen an Miniaturen und Markern und zig verschiedenen Karten und Regeln, die den Fraktionen völlig unterschiedliche Strategien erlauben.


Wie funktioniert das?

Gleich vorneweg, ich werde hier nicht das Spiel erklären, dafür passiert hier viel zu viel, das wird nur ein kurzer Überblick.

Zu Beginn wählt jeder Spieler eine der vier Fraktionen, die sich völlig unterschiedlich spielen: Die Space Marines halten viel aus und gewinnen ihre Kämpfe über den darauffolgenden Moralvergleich, die Chaosanhänger haben hundsgemeine Kampfeffekte, die Orks bringen Masse und primitive Gewalt, und die Eldar fahren eine gewisse Hit and Run Taktik, sie kämpfen wesentlich beweglicher, mit zerbrechlichen, aber schlagkräftigen Einheiten.

Dann wird das Spielfeld aufgebaut. Es besteht aus verschiedenen Segmenten mit je vier einzelnen Feldern, mit Planeten oder leerem Weltraum. Schon der Aufbau ist recht strategisch, und weil die Bewegungsregeln in Forbidden Stars ein bisschen komplizierter sind als üblich, hier eine grobe Paintskizze, worauf man dabei zu achten hat:

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Raumschiffe (blau) können sich später frei auf Nachbarsegmente bewegen, aber immer nur auf die planetenlosen Felder. Bodentruppen (rot) bewegen sich von Planet zu Planet oder über eigene Flotten hinweg. Außerdem platzieren die Spieler in regelmäßigen Abständen Warpstürme (weiss), die jede Bewegung zwischen einzelnen Segmenten unmöglich machen.

Je nach gewählter Fraktion gilt es also schon hier darauf zu achten, Wegesysteme aus benachbarten Planeten aufzubauen oder zu verhindern.

Orks zum Beispiel lieben es, wie eine unaufhaltsame Welle von Planet zu Planet zu schwappen, Eldar dagegen würden mit ihren überlegenen Raumschiffen lieber eigene Weltraumbrücken bauen und fremde vaporisieren.

Die einzelnen Spielzüge erfolgen dann gleichzeitig für alle Spieler. Zunächst werden – ähnlich wie im  Eisernen Thron vier verdeckte Befehle erteilt, dann werden diese nacheinander umgedreht und ausgewertet. Die Befehle werden dabei pro System erteilt und gestapelt, der letzte Befehl kommt zuerst. Das ist ein gewöhnungsbedürftiges, aber grandioses und hochstrategisches System.

Das ist gewöhnungsbedürftig: Wer zum Beispiel Rohstoffe sammeln, dann Soldaten bauen und diese dann bewegen will, muss die Befehle in umgekehrter Reihenfolge ausspielen, damit sie in der richtigen Reihenfolge ausgewertet werden. Wer Truppen bewegen will, erteilt den Befehl nicht den Truppen selbst, sondern legt ihn auf das System, das er besuchen möchte.

Das ist grandios und hochstrategisch: Der oberste Befehl kommt zuerst. Wenn ich dein System angreife, bevor du deine darunter liegenden Befehle ausführen kannst, kann ich dich mächtig in die Bredouille bringen. Durch die Befehlsvergabe entstehen ständig herrliche Dilemmata.

Begegnen sich durch das Auswerten eines Bewegungsbefehls verfeindete Einheiten, kommt es zum Kampf. Der ist in Forbidden Stars zur Hälfte würfel-, zur Hälfte kartenbasiert. Jeder Spieler hat ein Deck aus zehn Kampfkarten, das er im Laufe des Spiels auch verbessern kann, davon zieht er fünf und spielt drei aus. Auf diesen Karten kann alles mögliche stehen, und sie bringen einen gewissen Grad an Kontrolle. Die Würfel bringen zufälligen Schaden, Schilde oder Moral mit. Wird der Gegner nicht ausgelöscht, so wird nach drei Kampfrunden die Moral der verbliebenen Truppen verglichen und der Verlierer wird zurückgedrängt, wieder ähnlich wie in Der Eiserne Thron: Gibt es ein freies Feld zum Rückzug, verläuft der Kampf oft eher unblutig, gibt es keines, sind die Konsequenzen fatal – Totalverlust aller Einheiten.

Auf die anderen Befehle gehe ich nicht groß ein: Wir werten unsere Karten auf, erlernen neue Fähigkeiten, bauen Städte, Festungen und Fabriken, sammeln Rohstoffe, rekrutieren Truppen…Das Übliche eben.

Wer nach acht Spielzügen die meisten Planeten kontrolliert, oder zuvor seine zu Beginn des Spiels festgelegten Missionsziele erobert, gewinnt das Spiel.


Wie spielt sich das?

Äußerst atmosphärisch und großartig, aber regeltechnisch und strategisch war ich natürlich erstmal völlig überfordert.

Im ersten Spiel gingen meine Eldar völlig unter, weil die Karte viel zu zugänglich aufgebaut war, was meine Raumschiffe zur Nutzlosigkeit degradierte. Auch waren die Missionsziele der Orks viel zu leicht erreichbar. Meine einzige Armee verlor eine Schlacht ohne Rückzugsoption, und damit konnte ich dann mehr oder weniger aufgeben.

Im zweiten Spiel lieferten sich meine Chaoten einen erbitterten Stellungskrieg, wieder gegen Orks. Wir kontrollierten beide ähnlich viel Raum, und die Frontlinien wurden von Planeten gebildet, die je nur eine Figur beherbergen konnten. Die stellten sich aber als grandiose Bollwerke heraus: Wer hier angreifen will, muss seine Armee nach dem Kampf auf eine Figur reduzieren, und das will nun wirklich niemand. Und nur mit einer Figur anzugreifen, ist auch nicht die erfolgversprechendste Idee. Man könnte sie überrennen, aber man will eigentlich nicht. Weil es schon sehr spät war, einigten wir uns auf ein Unentschieden.

Es fällt zu Beginn schwer, die Konsequenzen des eigenen Tuns abzuschätzen. Man ist relativ frei, aber irgendwie doch nicht. Was kann der Gegner mir antun? Was ist für mich realistisch? Ich hatte mehrfach Momente, in denen ich verblüfft Ach, das darfst du? ausrufen und dann frustriert aufs Spielfeld starren durfte. Oder um Rücknahme meiner Befehle betteln musste, weil ich die Regeln und ihre Folgen schlicht nicht verstanden hatte.

Auch das Timing ist schwer. Wir haben nur jeweils vier Aktionen pro Runde, hier noch technologische Entwicklung und den Ausbau von Städten reinzuquetschen, wenn man ohnehin an allen Fronten unter Druck steht, ist nicht gerade einfach. Dass pro Befehl nur einmal gekämpft werden darf, verknappt die Möglichkeiten zusätzlich. Ich würde gerne dieses blöde Raumschiff loswerden, aber der Planet ist wichtiger… Spiele ich jetzt echt zwei Angriffe, nur damit ich beides tun kann?

Ungewohnt ist auch das Kampfsystem. Es ist natürlich von Vorteil, zahlenmäßig überlegen in die Schlacht zu ziehen, aber das bringt erstmal nur Würfel. Und die Kampfkarten sind – vor allem im späteren Verlauf des Spiels – teilweise absurd einflussreich. Zudem gibt es wenig Belohnungen für taktische Erfolge. Du kannst Schlachten gewinnen, so viel du willst, bedeuten muss das nichts.


Wertung

Forbidden Stars ist ein großartiges Spiel, aber auch eines, in das man sich reinfummeln muss. Es hat eine sehr steile Lernkurve. Ich nehme an, ich werde mindestens zehn weitere Spiele brauchen, bevor ich in irgendeiner Form abschätzen kann, was ich da tue. Es gibt einfach eine riesige Menge an völlig unterschiedlichen Einheiten und Spielkarten, mit diversen Sonderregeln und sofort oder später verfügbaren Fähigkeiten, die man ständig parat haben sollte.

Ich mag das kleine Spielfeld, das durch die Warpstürme und Bewegungsregeln zugleich sehr offen und sehr begrenzt ist. Und ich war sehr erfreut darüber, dass sich die Fraktionen wirklich völlig anders spielen und anfühlen, auch wenn ich noch überhaupt nicht damit umgehen kann.

Daher habe ich definitiv Lust darauf, das noch einige Male auf den Tisch zu bringen. 8/10 auf meiner Will Nochmal! Skala.


Nachtrag: Nach weiteren Partien ist meine Begeisterung eher gedämpft. Ich mag immer noch einige der Spielideen, aber das Spiel an sich reizt mich nicht mehr so recht.

Es krankt einfach zu sehr an den „klassischen Problemen“ des Kriegsspielgenres:

  • zu zweit ist der Raum zu eng und die Fronten zu verhärtet
  • zu dritt kommt es zum klassischen „Wenn zwei sich streiten…“
  • zu viert dauert es einfach zu lange, und man sitzt zu oft untätig herum

Außerdem ist es zu bestrafend: wer Einheiten verliert, steht nicht mehr auf, wer einen technologischen Vorsprung hat, gewinnt auch Kämpfe in Unterzahl. Die zugrundeliegende Balance-Idee, dass man niedergeworfene Spieler verschont, sobald man das Missionsziel erobert hat, und dass die sich dann wieder erholen können, funktioniert einfach nicht. Die Starken werden noch stärker, und selbstverständlich treten sie nochmal nach, wenn der andere schon am Boden liegt. Hindert sie ja keiner dran.

Das Kampfsystem ist zwar schon recht schlank, aber man muss immer noch viel zu lange warten, wenn zwei andere Spieler sich bekriegen.

Ich bin jetzt bei einer 3-6/10, die 3 zu viert, die 6 bei geringerer Spieleranzahl.

 

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