Angespielt – Blood Rage

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Blood Rage ist ein Strategiespiel mit lustigem Thema: Wir sind die Anführer von Wikingerclans während Ragnarök, dem Ende aller Zeiten. Während um uns herum die Welt zusammenbricht, haben wir nichts besseres zu tun, als uns die Köpfe einzuschlagen. Ruhmreich nach Valhalla!

Interessant ist das Spiel vor allem, weil es sich im Gegensatz zu anderen Vertretern des Genres durchaus lohnen kann, Schlachten und Figuren zu verlieren. Höchst ungewöhnlich!

Wie funktioniert es?

Erfreulich einfach.

Gespielt wird in drei Zeitaltern, in denen nach und nach Gebiete in Flammen aufgehen und aus dem Spiel verschwinden, das Spielfeld wird also immer kleiner.

Jeder von uns bekommt ein Tableau, das seinen Klan darstellt, und eine Reihe hübschester Figuren, die wir nach und nach ins Spiel bringen können.

Auf dem Tableau finden sich drei Leisten:

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Bild von BGG

Dabei bestimmt…

  • Rage die Anzahl der Aktionspunkte in jedem Zeitalter.
  • Axes die Siegpunkte für das Gewinnen einer Schlacht.
  • Horns die Anzahl der Figuren, die wir auf dem Spielplan haben dürfen.

Diese Leisten verändern sich im Laufe des Spiels. Außerdem gibt es Platz für Upgradekarten, um den Klan weiter zu individualisieren, indem zum Beispiel die Krieger stärker werden, Siegpunktbedingungen geändert werden oder verschiedene sagenumwobene Monster ausgespielt werden dürfen.

Per Draft wird in jedem Zeitalter eine Handauswahl an Quests, Upgrades und Kampfkarten zusammengestellt, und wir hauen uns diese Karten reihum um die Ohren, bis uns der Rage ausgeht und wir alle passen müssen. Dann folgt eine kurze Zwischenwertung, und das nächste Zeitalter beginnt.

Die fünf Aktionen sind dabei reichlich simpel: Kauf ein Ugrade, kauf eine Figur, bewege Figuren, plündere/kämpfe oder spiele eine Quest aus. Dann ist der nächste dran. Auch die Kämpfe sind glücklicherweise kein Spiel im Spiel, sondern simpel, schnell und äußerst blutig.


Wie spielt sich das?

Blood Rage spielt sich völlig anders als vermeintlich vergleichbare militärische Strategiespiele.

Der Platz auf dem Spielfeld ist recht eng, man kommt sich also andauernd in die Quere, sowas wie klare Fronten gibt es hier nicht. Eingraben kann man sich auch nicht. Dafür ist aber die Anzahl der möglichen Kämpfe begrenzt. In jedem Zeitalter darf jedes Gebiet nur einmal geplündert werden. Danach darf dort nicht mehr gekämpft werden. Auch eher ungewohnt.

Wir merken außerdem schnell, dass diese Kämpfe äußerst bestrafend sein können: Mit einer Übermacht anzutreten, hilft oft wenig bis nichts, weil die Stärke einer Armee mit Kampfkarten randomisiert wird, und teilweise macht ein einziger Kampf die Anstrengungen eines einzigen Zeitalters zunichte: Schön, dass du mit all deinem Rage fünf Krieger gekauft hast. Hier, diese eine Karte macht vier davon kaputt. Bamm, Junge!

Das fühlt sich zunächst seltsam bis falsch an, hat aber alles seine Richtigkeit, man muss sich schlicht umgewöhnen und alte Spielgewohnheiten über Bord werfen.

Die taktischen Möglichkeiten sind dann durchaus interessant, und Blood Rage spielt sich kurzweilig und äußerst spaßig runter.


Bewertung

Zunächst einmal gilt es, die Miniaturen in den Himmel zu loben. Das Material ist schlicht grandios, und es ist nicht verwunderlich, dass Blood Rage eine knappe Million Dollar auf Kickstarter einsammeln konnte.

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Bild von BGG

Dann war ich begeistert von der Kombination aus herausforderndem Spiel und einfachen Regeln. Ich liebe bekanntlich Spiele, die man in fünf Minuten erklären kann, die aber dennoch nicht simpel sind. Das hier ist eines davon.

Auch die Spieldauer war trotz anwesendem Grübler mit ungefähr einer Stunde erfreulich kurz. Aber nicht zu kurz, nach den drei Zeitaltern fühlt es sich an, als hätte man genug getan.

Blood Rage macht also für mich ungefähr alles richtig, und ich brenne darauf, erneut äxteschwingend in einen blutroten Sonnenuntergang zu stürmen. Oder so.

9/10 auf meiner Ersteinschätzungsskala.


15 Gedanken zu “Angespielt – Blood Rage

  1. Stumpfes draufhauen, gepaart mit gut funktionierenden Mechanismen die alle schon 100 mal da gewesen waren. Ein Absacker mit viel Material und zu langer Spielzeit und vielen Frustmomenten.

    Geht kleiner, schneller, innovativer und vorallem günstiger!

    4/10 (+1 wenn einem Material wichtig ist)

    „Das fühlt sich zunächst seltsam bis falsch an, hat aber alles seine Richtigkeit, man muss sich schlicht umgewöhnen und alte Spielgewohnheiten über Bord werfen.“

    Dieses Argument kann man ja dann so gut wie bei jedem Spiel anbringen. 🙂

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    • So scheiden sich die Geister. Ich wurde gar prächtig unterhalten, also kann und will ich nur eine hohe Note geben. 😉
      Die „zu lange Spielzeit“ wundert mich, das spielt sich doch superflott runter.

      Was du zitierst, bezog sich auf den Absatz vorher:
      Durch das begrenzte Spielfeld (nur eine Figur pro Dorf und zerstörte Gebiete, die man gar nicht mehr betreten kann) und dadurch, dass der Verlust von Figuren nicht unbedingt negativ ist, ist es imho nicht falsch, dass die Kämpfe derart blutig und „bestrafend“ sind.
      Man kämpft einfach „anders“ als gewohnt.

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      • Im übrigen wollte ich auch gar nicht deine Meinung ändern. Man kann dem auch eine 9/10 geben. Ich wollte mir nur darüber klar werden, welche schwächen das Spiel hat.

        Denn Spaß hatte ich in den zwei Partien auch.

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  2. Ja klar das Spiel befördert einfach, dass auch gekämpft wird.

    Zur Spielzeit. Ich habe es zweimal gespielt. Einmal in 100min und einmal in 60min. Das ist nicht viel aber für ein Spiel mit so wenig Spieltiefe. Das Problem ist aber das Draften. Das kann man Intiutiv spielen: Karte anschauen, die beste für einen nehmen weiter. Hier ergeben sich mehre Probleme:

    1) Der Reiz ist doch abzuwägen ob die Karte die einem selbst am meisten bringt wirklich auch die beste Karte ist. Oder ist es nicht die Karte die meinem Spieler noch mehr bringt und ich deshalb unbedingt nehmen sollte. Zudem muss man ja auch einschätzen ob die Karte die man jetzt weitergibt evl. nocheinmal zu einem kommt weil kein andereren aufgrund ihrer Vorraussetzungen kein Interesse daran hat.

    2) Und das was nun wirklich viel Zeit frisst ist die Tatsache, dass ich nicht nur entscheiden muss welche Karte ich jetzt nehme sondern im Prinzip „Plane“ ich ja die ganze Runde vor. Zudem muss ich noch abschätzen wer welche Karte genommen hat. Es gibt im Spiel zu dritt 3 Karten die ich nicht kenne. Alle anderen Karten kenne ich.- Ich weiß evl. nur nicht wo Sie ganz genauz gelandet ist.

    Das Problem dabei ist das diese Karten teilweise enorm stark sind. Wenn ich diese Karte schon gesehen habe, muss wissen wer diese Karte hat oder haben könnte. Und deshalb muss ich mir alle 8 Karten gut anschauen um dann eine Ahnung zu haben wer vielleicht was auf der Hand haben könnte.

    Schauen wir mal rüber zu 7 Wonders das ja ebenfalls als Hauptmechanismus das Draften nutzt. Hier gibt es eben sehr wenig Interaktion. Im Prinzip gibt es nur mit den Kriegkarten eine Interaktion. Deshalb muss ich mir hier nicht merken, welche Karten ich weitergebe. Denn keine kann direkt meine Strategie/Taktik zerstören. Zudem wähle ich eine Karte aus und führe Sie aus. Ich muss also nicht mein ganzen Zug vorplanen. Und das führt einfach dazu, dass man das ganze selbst mit 7 Spielern in 30 Minuten spielen kann.

    Klar wer Blood Rage einfach nur spielt um mal ein bisschen was zu killen und Spaß zu haben zockt das in 60 min durch und ist gut unterhalten. Wer aber ein bisschen taktischer und strategischer spielen möchte wird durch den Draftmechnismus gepaart mit einem sehr Interaktionsreichem Spiel einfach eingebremst.

    Meiner Meinung nach entscheidet das Spiel sich nicht. Ob es nun ein einfaches und fluffiges Spiel sein will oder doch ein Brainer.

    Zum einen gibt es Karten die alles auf dem Spielplan über den haufen werfen können. Zum anderen gibt es Aufgaben die ich erfüllen werden sollen. Wenn ich nun also eine Aufgabekarte nehme muss ich überlegen wie ich ein bisschen Kontrolle über ein Spiel gewinnen kann. Und die einzigste Möglichkeit Kontrolle über das Spiel zu gewinnen ist sich zu merken wer etwa welche Karte auf der Hand haben könnte.

    Jetzt ist es an sich ja etwas gutes, wenn man dem Spieler überlässt wie er das Spiel spielen möchte. Man kann sich ja auch einfach überraschen lassen ob die Aufgabe gelingt, oder erst garkeine auf die Hand nehmen. Das Problem ist meiner Meinung dabei nur die Spielzeit. Eine Spielzeit von 60min für die Brainer und 30 min.für die Bauchspieler wäre perfekt denn über diese Spielzeit tragen die Mechanismen und Entscheidungen dann auch. Über 60min für Bauchspieler und 100min. für Brainer aber nicht.

    Für mich ist das eben der unterschied zwischen einem genialem und ellegantem Spieldesign ala 7 Wonders und einem soliden ala Blood Rage.

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    • Interessant, dass du dem Spiel „wenig Spieltiefe“ unterstellst, und dann dennoch einen ellenlangen Absatz über Abwägungen beim Draft verfassen kannst.

      „Solide“ nennst du Blood Rage? Das kam mit der 4/10 im letzten Beitrag nicht so rüber. „Solide“ wäre bei mir ungefähr 5-7/10. Die 4 Punkte kriegen Spiele, die ich niemals wieder sehen will. 😉

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  3. Ne die bekommen eine 1 🙂 5 ist solide und ja 4/10 war nur um zu zeigen das ist das mal ganz anders sehe. Wie gesagt das Problem sehe ich in der Diskrepạnz zwischen Draft-Mechanismus und dem rest des Spiels.

    Spielt man den Draft Mechanismus so dass er Spieltiefe besitzt passt der Rest nicht dazu (zu willkührlich, langamtig etc.). Spielt man den Draft Mechanismus aus dem Bauch raus passt das Spiel soweit aber die Spieltiefe fehlt und für die wenige Spieltiefe ist es dann auch wieder zu lang.

    Aber ich versprech dir nie wieder so lange Artikel auf deiner Seite zu schreiben 😉

    Over and out!

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  4. […] Blood Rage ist eigentlich auch ein eher abstraktes Spiel, und wir draften auch. Aber wir draften cooleren Krams, und der Spagat zwischen Eurogame und Ameritrash gelingt, es fühlt sich viel wilder, kriegerischer, epischer an. Der Vorgänger Kemet, diese herrlich kurzweilige Schlachtenorgie, ist für mich aber ebenfalls viel spannender. Wer eines dieser beiden großartigen Spiele besitzt, braucht sich mit Inis meiner Meinung nach nicht aufhalten. […]

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