
Lords of Waterdeep (WOTC, 2012) ist ein Worker Placement Spiel für 2 bis 5 Schattenlords, die über ihre Agenten allerlei Abenteurer für allerlei Quests versammeln. Das bringt ihnen mehr Einfluss in Waterdeep, sprich: Siegpunkte.
Wegen den simplen, strukturierten Abläufen und dem thematischen Anstrich aus Dungeons and Dragons gilt es als Brückenschlag zwischen Eurogame und Ameritrash.
Das kommt aber bei uns nicht so recht zum tragen, niemand sagt Zauberer, wenn er auch weißes Klötzchen sagen kann. Zumindest unsere Runde spielt ein abstraktes Optimierspiel.
Wie funktioniert das?
Der Spielablauf ist äußerst simpel: Wir spielen acht Hauptrunden, in denen wir jeweils reihum dran sind und unsere drei Agenten auf die Aktionsfelder verteilen. Dafür bekommen wir sofort Gold, Intrigenkarten, neue Quests oder diverse bunte Klötzchen, die Zauberer, Priester, Schurken und ähnliches darstellen sollen, wenn man auf derlei Rollenspiel wert legt. Und wir blockieren das Feld für die anderen Spieler.
Sind alle Agenten verteilt, nehmen wir sie zurück und alles fängt von vorne an.

Hat ein Spieler genug Klötzchen angesammelt, um die Anforderungen einer Quest zu erfüllen, tauscht er diese in einem zweiten Schritt gegen Siegpunkte ein. Die Abenteurer sind also ein bisschen wie Lemminge, keiner von ihnen kehrt von der Aufgabe zurück. 😉

Das Worker Placement ist zunächst äußerst restriktiv, in jeder Hauptrunde kann zum Beispiel nur ein Spieler ein einzelnes weißes Klötzchen kaufen, und im Nullkommanix sind alle interessanten Aktionsfelder besetzt. Mit der Zeit wird das aber ein bisschen verwässert, denn die Spieler errichten diverse Gebäude, in denen ebenfalls Agenten platziert werden können, mit starken Effekten für den Benutzer, und einer kleinen Kompensation für den Besitzer. Als Ausgleich bekommt in der fünften Runde jeder Spieler einen vierten Agenten, so dass der Platz wieder etwas begrenzter wird.
Die Intrigenkarten sind weniger intrigant, als der Name vermuten lässt, meist sind sie einfach eine schwächere Form der normalen Aktionen: statt Nimm dir 4 Gold zum Beispiel Nimm dir 4 Gold, wähle einen Mitspieler, der 2 Gold erhält. Dafür dürfen die Agenten, die auf Intrigenfelder gesetzt wurden, am Ende der Runde auf die letzten verbliebenen Aktionsfelder hüpfen und dort nochmal absahnen.
Bisher liest sich das äußerst simpel, ist es auch, der grobe Ablauf verinnerlicht sich in wenigen Minuten. Spieltiefe und Komplexität kommen durch diese zusätzlichen Elemente:
- Geheimer Lord: Jeder Spieler hält eine geheime Karte, die erst zum Spielende offenbart wird, dann erhält er Bonuspunkte dafür, die richtige Sorte Quests erfüllt zu haben.
- Plot Quests: Einige Quests geben weniger Siegpunkte, aber erlauben dafür Engine Building. Zum Beispiel könnte da stehen Wann immer du Gold erhältst, erhältst du auch ein schwarzes Klötzchen oder Wann immer du ein weißes Klötzchen erhältst, darfst du eines deiner anderen Klötzchen gegen ein weißes eintauschen.
- Gebäude: Nach und nach tauchen die oben erwähnten Gebäude auf, die ebenfalls massiv ins Spielgeschehen eingreifen.
Wie fühlt sich das an?
Zunächst einmal gilt es, die schöne Box, das edle Material und vor allem die traumhafte Sortiereinlage zu bewundern, besser geht es wohl kaum:
Dann legen wir nach kürzester Erklärung los, denn wie oben bereits erwähnt, die Grundregeln sind erfrischend einfach, und das Grübeln beginnt erst, wenn weitere Elemente eingeführt werden. So muss das laufen, Daumen hoch!
Dabei stellt sich leider eine gewisse Routine ein, wenigstens ein bisschen fühle ich mich geführt/gespielt: Ich grabsche bevorzugt nach Quests, die mir am Ende Bonuspunkte bringen, ich grabsche nach Klötzchen, die diese Quests erfüllen. Das läuft alles ziemlich automatisiert ab.
Außerdem beschleicht mich der Verdacht, dass das Spiel überbalanciert ist. Die genauen Formeln habe ich nicht ausgerechnet, aber es muss irgendwas in die Richtung sein:
- 4 Gold = 2 orange oder schwarze Klötzchen = 1 weißes oder lila Klötzchen
- 2 einfache Quests + 2x geheimer Bonus = eine schwere Quest + geheimer Bonus
Balance ist natürlich erstmal eine feine Sache, aber wenn ein Spiel überbalanciert ist, dann führt das zu einer gewissen Beliebigkeit: Der Abstand zwischen einem halbwegs sinnvollen Zug und einer meisterhaften Entscheidung wird zu gering, alles führt zum selben Punktestand. Dass diese meine Aussage zutrifft, dafür lege ich meine Hand nicht ins Feuer, aber ich bin immer ein bisschen skeptisch, wenn alle Spieler andauernd gleich viele Siegpunkte haben, und ein Blick ins BGG Forum bestätigt das zumindest ansatzweise.
Wie gewinnt man dann, vorausgesetzt, man macht andauernd sinnvolle Züge?
- Zum einen bietet es sich an, die Nebeneffekte der leicht königsmacherischen Intrigenkarten – nimm 2 weiße Steine, wähle einen Mitspieler, der einen weißen Stein erhält – abzusahnen, indem man unschuldig schaut oder temporär eine Quest und ihre Siegpunkte hintendran ist und daher nicht als Bedrohung wahrgenommen wird.
- Zum anderen hilft es, ein wenig Glück mit den ausliegenden Questarten zu haben. Ich sammle Arcana und Commerce, aber Arcana wollen die anderen auch, und Commerce taucht nie auf? Pech gehabt.
- Außerdem kann man sich natürlich gegenseitig den Zugriff auf Aktionen verwehren, entweder aus intriganter Bosheit, oder als Nebenprodukt der Tatsache, dass alle gerade dieselben Klötzchen sammeln. Das ist aber eine Ebene, die sich uns noch nach einem Spiel natürlich noch nicht zu 100% erschlossen hatte.
Bewertung
Das liest sich alles vielleicht etwas negativer, als es gemeint ist. Lords of Waterdeep macht Spaß, ist hübsch anzuschauen und hat einen wundervollen Spielfluß, in dem die komplexen Elemente erst nach und nach eingeführt werden, so dass sie nicht überfordern.
Ich habe definitiv Lust auf weitere Partien, und vergebe eine wohlwollende 8/10 auf meiner privaten „Will ich nochmal?“-Skala.
Ich bin aber auch ein großer Fan von Spielen mit geringer Einstiegshürde, überschaubarer Spieldauer und der Illusion von cleveren Entscheidungen. 😉
[…] Ich nehme an, das kommt in meiner Spielbeschreibung schon durch. Anders als das zuletzt besprochene Lords of Waterdeep ist Orléans ist ein Kennerspiel, das mühsam erlernt werden […]
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[…] ist ein Kennerspiel, das mühsam erlernt werden will. Anders als im zuletzt besprochenen Lords of Waterdeep ist das ganze komplizierte Zeug schon von Anfang an vorhanden und […]
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[…] dass es das schon gibt, das heißt Lords of Waterdeep. Konnte ich diese Woche auch endlich anspielen. Na […]
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[…] in oder an den einzelnen Stadtvierteln erreicht hat. Als Belohnung gibt es ein Mitprofitieren à la Lords of Waterdeep: Setzt jemand eine Figur in mein Viertel, bekomme ich ebenfalls etwas […]
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