Als Gegenprogramm zur Negativliste der letzten Woche möchte ich heute mal ein paar Mechanismen zeigen, die mir irrsinnig gut gefallen. Durch sie wird elegant und ohne allzu viele Regeln ein realistisches Spielgefühl erzeugt.
5. Die Punkteverteilung in Churchill
Ich habe schon letzte Woche davon geschwärmt, das ist einfach großartig.
Churchill kann auf drei verschiedene Arten enden:
- Der zweite Weltkrieg wurde beendet, und alle haben ähnlich viele Siegespunkte: der mit den meisten gewinnt.
- Der zweite Weltkrieg wurde beendet, und einer hat viel zu viele Siegespunkte: der zweite gewinnt.
- Der zweite Weltkrieg wurde nicht beendet: die Siegespunkte werden durch Würfel „angeglichen“.
Ich habe selten eine so schöne Lösung für das „Runaway Leader“ oder das „Drei Spieler Problem“ gesehen – wobei Churchill natürlich so eine Lösung braucht, denn das ist ein reines Drei Spieler Spiel.
Spielt jemand zu egoistisch auf eigene Siegespunkte, werden die anderen beiden alles daran setzen, ihn in Konferenzen auszubooten und seine Hilfe erzwingen, um den Krieg zu beenden. Der egoistische Spieler wird dann nicht gewinnen.
Kümmert sich niemand darum, den Krieg zu beenden, ist das erwürfelte Endergebnis ziemlich willkürlich, und man kann auf den Sieg nicht so recht stolz sein.
Kümmert sich niemand um den „Runaway Leader“ und der schafft es, das gemeinsame Anliegen zu torpedieren, hat er zu recht gewonnen.
Man ist also mehr oder weniger dazu angehalten, an einem Strang zu ziehen, und keinen Spieler zu sehr zu benachteiligen. Die Konstellation „zwei gegen einen“ tritt andauernd auf, ist aber stets bedingt durch die Spielumstände, und nicht durch persönliche Sympathien.
4. Custom Dice (diverse Spiele)
Besondere Würfel lösen eine ganze Menge Probleme, die man sonst als Autor in umfangreichen Tabellen niederschreiben oder als Spieler dort nachschlagen oder auswendig lernen müsste, sie beschleunigen und vereinfachen ein Spiel ungemein. Ich möchte hier drei Beispiele zeigen, alle davon regeln das Element „Kampf“ im jeweiligen Spiel, aber es gibt natürlich viele weitere Spiele mit solchen Würfeln, und natürlich auch welche auch für friedliche Spiele.
Die Doom-Würfel ersetzen einen ganzen Haufen Tabellen. Je nachdem, welches Monster oder welche Waffe zum Einsatz kommt, wird eine unterschiedliche Farbkombination verwendet. Die grünen Würfel haben viel Reichweite (Zahlen), aber wenig Schaden (schwarze Punkte), beim roten ist es genau andersrum, und die anderen sind irgendwo dazwischen. Aber eigentlich muss man als Spieler nichtmal das verstehen, das ergibt sich ganz von alleine. Nebenher wird noch Munitionsverbrauch (kleines Patronensymbol) und der „Fail“ (das X) geregelt. Insgesamt ergibt das ein sehr einfaches, flüssiges Kampfsystem, ohne dass man als Spieler nachdenken oder nachlesen müsste.
Wenn man in Memoir 44 gegen eine Einheit kämpft, muss man genau diese Einheit erwürfeln. Und weil zum Beispiel mehr Fußsoldaten auf den Würfeln sind als Panzer, wird durch die Würfel sehr einfach geregelt, dass Panzer schwerer auszuschalten sind als Fußsoldaten, ohne dass es irgendeine Form von weiteren Regeln braucht.
In 1775 ist es genau andersrum, man würfelt für eine Einheit. Jede Einheit hat andersfarbige Würfel mit einer anderen Verteilung an möglichen Ergebnissen. Britische Berufssoldaten haben viele Schadenssymbole und kein Fluchtsymbol, sie laufen also niemals weg und kämpfen sehr gut. Andere Einheiten haben eine weniger vorteilhafte Verteilung. Und auch die Anzahl der Würfel ist hier relevant, es gibt zum Beispiel nur zwei grüne Würfel, alleine dadurch werden grüne Armeen schon in ihrer Effizienz beschränkt.
3. Die Würfel in Burgen von Burgund
Dieses Spiel hat einfach geniale Mechaniken, ich greife hier nur eine heraus. Die Würfel sorgen dafür, dass man nicht völlig frei in seinen Entscheidungen, aber auch nicht benachteiligt oder gar untätig ist.
Zu Beginn jeder Phase werden zwei ganz normale Würfel geworfen. Im Spiel tauchen an verschiedenen Stellen vorgedruckte Augenzahlen auf: auf den Warenplättchen, auf der eigenen Karte, die man mit bunten Sechseckplättchen füllen möchte, und auf den Depots eben dieser Sechseckplättchen.
Ich kann nun entscheiden, was ich mit meinem Würfel machen möchte:
- Eigene Waren der entsprechenden Augenzahl für Silber verkaufen
- Ein neues Plättchen aus dem passenden Depot nehmen
- Ein eigenes Plättchen auf einem Feld mit passender Augenzahl ablegen
Ich bin zwar „eingeschränkt“, aber ich habe immer noch eine Vielzahl an Optionen.
Und weil das noch nicht ausreicht, kann ich mit „Arbeitern“ dafür bezahlen, die Würfelzahl zu verändern, falls ich doch mal eine ganz spezielle Augenzahl möchte. Oder ich kann, unabhängig vom Würfelwurf, neue Arbeiter generieren.
Insbesondere ist es in Burgen von Burgund völlig egal, ob man hoch oder niedrig würfelt, und es ist äußerst selten, dass ein Spieler sagen kann: „Da hast du mal wieder Glück gehabt“, weil man mit jeder Augenzahl arbeiten kann. Einfach nur großartig, diese Mechanik.
2. Befehlsmarker in Der Eiserne Thron
Diese Mechanik in A Game of Thrones verkörpert in wunderschöner Weise das alte Sprichwort „Kein Plan überlebt den ersten Feindkontakt“. Ich habe noch kein Spiel gesehen, das die strategische Planung spannender und besser löst.
Zu Beginn jeder Runde legen die Spieler verdeckt Befehle neben alle eigenen Armeen, die dann alle gleichzeitig offengelegt werden.
Dabei muss man sehr viel beachten, sich gegebenenfalls absprechen, und für alle möglichen Eventualitäten gerüstet sein.
„Kann ich es mir leisten, einen Angriffsbefehl zu legen, oder muss ich mich verteidigen? Der rote Spieler ist vor mir dran, und wenn er auch einen Angriff legt, kann er mich um 1 schlagen, und mein Befehl verfällt…“
Weil die Kämpfe in Game of Thrones nicht gewürfelt, sondern „abgezählt“ werden, hat man hier eine gewisse Planungssicherheit, aber nichts desto trotz weißt du erst, wenn die Marker umgedreht werden, ob ein wichtiger Angriff gelingt oder zum Scheitern verurteilt ist, ob der rote Spieler sich an den Nichtangriffspakt hält oder nicht, ob die Armee im Nachbarfeld dich noch unterstützen kann oder nicht, und so weiter.
Die Spielerreihenfolge ist dabei sehr wichtig, aber jeder Spieler darf immer reihum nur einen Befehl auswerten, so dass zum Beispiel der gelbe Spieler nicht zwei vorteilhafte Schlachten gegen Rot auf einmal führen kann, ohne dass dieser dazwischen wenigstens einmal reagieren könnte.
1. Angebot und Nachfrage in Funkenschlag
Die Rohstoffpreise in diesem Spiel werden über einen sehr eleganten Mechanismus bestimmt, der ohne viel Aufwand oder Erklärbedarf genau das leistet, was er leisten soll.
Dazu werden die verschiedenen Rohstoffe zu Beginn des Spiels in einer festgelegten Menge aufgebaut, es kommen in jeder Runde ein paar davon dazu, und wenn Spieler Rohstoffe kaufen, nehmen sie diejenigen Steine, die so weit links liegen wie möglich, denn von links nach rechts steigt der Preis.
Wenn nun zum Beispiel mehrere Spieler Ölkraftwerke betreiben, wird Öl dauerhaft teurer, weil sehr sicher mehr Öl-Spielsteine vom Brett genommen als hinzugefügt werden.
Der Preis für Uran (ganz unten) ist auch sehr schön geregelt: Zu Beginn liegen dort fast keine Spielsteine, Atomkraftwerke sind dadurch teuer und lohnen sich kaum, also wird vermutlich erstmal niemand eines bauen und diesen Rohstoff kaufen. Nach und nach sammelt sich aber immer mehr Uran an, und die Atomtechnik wird erschwinglich.
Die Anzahl der Steine in jedem Preissegment beeinflusst dabei ebenfalls die Preisentwicklung, ohne dass man den Spielern irgendetwas erklären müsste. Uran zum Beispiel wird erst langsam, dann immer schneller billiger, Kohle hat vier Steine in den billigsten Abschnitten und wird dadurch nur langsam teurer.
[…] liebe diesen Mechanismus und habe ihn in meine Top 5 der schönsten Spielinhalte aufgenommen. Man kann mit jedem Würfelergebnis arbeiten, es ist […]
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